Einführung in die Spieltheorie (1) - Einleitung

Im Folgenden sollen Grundzüge der Spieltheorie beispielhaft erläutert werden um auf das relativ komplexe Thema dieser Wissenschaft hinzuführen.

1.1 Erstes Spiel – Gefangenendilemma

Einer Versuchsgruppe wird folgendes Spiel zugeteilt:
“Ohne deinem Nachbar zu zeigen was du tust, schreibe in dieses Kästchen entweder Alpha oder Beta. Durch folgendes Verfahren wird schließlich deine spätere Note errechnet werden, indem deine Wahl mit der eines anderen zufällig ausgewählten Teilnehmers verglichen wird:
Wenn du Alpha und dein Partner Beta gewählt hat, bekommst du eine A und dein Partner eine C. Wenn ihr beide Alpha wählt, bekommt ihre beide eine B-. Wenn du Beta wählst und dein Partner Alpha, bekommst du eine C und dein Partner eine A. Wenn ihr beide Beta wählt, bekommt ihr beide eine B+“

Tabellarisch ausgerückt ergibt sich folgendes Schema:

Spiel 1-1
Partner
Du
Noten
Alpha
Beta
Alpha
B- / B-
A / C
Beta
C / A
B+ / B+

Rechnet man die Noten in ihren entsprechenden Wert um (ohne Einschränkung wählen wir hierzu als Referenzwert B-:=0) ergibt sich folgende Grafik.

Spiel 1-1
Partner
Du
Gewinn
Alpha
Beta
Alpha
0 / 0
3 / -1
Beta
-1 / 3
1 / 1

Somit können wir losgelöst von den instruktorischen Vorgaben unser „Problem“ rein mathematisch betrachten. Da wir noch keine Ahnung haben wie wir das am besten anstellen betrachten wir einfach zuerst einmal was bei einer Wahl von Alpha oder Beta unsererseits geschehen kann:

1.1.1     Option „Alpha“

Wählen wir Alpha, so stellen wir naiv fest: Je nach Wahl unseres Partners erhalten wir entweder einen „Gewinn“ von 0 oder 3. Wir stellen dabei jedoch fest, dass dies in jedem Fall höher ist als es bei einer Wahl von Beta der Fall wäre: 0>-1 , 3>1.
Eine derartige Eigenschaft einer Option wollen wir im Folgenden „streng dominierend“ nennen.

Def. : Eine Option A heißt genau dann streng dominierend bezüglich einer Option B, falls gilt, dass der Gewinn bei Wahl von A in jedem Fall größer ist als bei Wahl von B, egal was unser Mitspieler wählt.

Daraus folgern wir folgende Regel, indem wir uns vergegenwärtigen, dass wir bei Wahl von B immer verlieren werden:

Prop. 1: Spiele niemals eine Option, welche streng dominiert wird!

Man möge sich vergegenwärtigen, dass wir bei dieser Vorgehensweise „nur“ unseren eigenen Gewinn im Auge behalten haben.  Behaupten wir einmal wir hätten dies nur getan na wir „Egomanen“ seien.
Einen „sozialeren“ Ansatzpunkt erhalten wir, wenn wir die Wahl von Beta genauer betrachten:

1.1.2     Option „Beta“

Wieder stellen wir naiv betrachtend fest, dass die Wahl dieser Option nur dann sinnvoll ist, falls unser Partner ebenfalls dieselbe wählt. Wenn nicht, verlieren wir mehr, beziehungsweise gewinnen weniger als bei der Wahl von Alpha.
Verfolgen wir diesen Gedanken noch ein wenig weiter. Angenommen unsere Mitspieler würden genauso denken wie wir und aus sozialen Überlegungen zur Option Beta tendieren, sodass alle am meisten gewinnen.  Dann wäre es doch für uns besser, eben nicht Beta sondern Alpha zu wählen, da wir dadurch am meisten gewinnen würden, oder? Wer sagt uns, dass wir uns darauf verlassen können, dass alle sich daran halten und „Beta“ wählen.
Vielleicht sind wir ja doch die in 1.1.1. postulierten „Egomanen“ und jeder entscheidet sich schließlich doch für A, da er seinen Mitspielern nicht traut. Und wie sollte er ihnen auch überhaupt trauen können, da jegliche Kommunikation zwischen ihnen ausgeschlossen wird?
Dieses Paradoxa findet seinen Höhepunkt in dem allseits bekannten Gefangenendillema, bei welchem durch eine lange Gefängnisstrafe als „Note“, das gegenseitige Vertrauen auf eine harte Probe gestellt wird.
Somit stellen wir also fest, dass durchaus rationale Wahlen zu unerwünschten Resultaten führen können:

Prop. 2: Beachte den unzureichenden Operator: Rational gefällte Enscheidungen müssen nicht aufgehen, da weitere Faktoren miteinfließen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen!

Dies auf die gesellschaftliche Ebene übertragend stellen wir somit fest, dass ähnlich dem Gefangenendilemma selbst feste Verträge ins Wanken geraten können, wenn nur der Einsatz hoch genug ist.


1.2 Sozialer Gutmensch

Betrachten wir einmal dasselbe Spiel, allerdings mit einer Änderung der „Gewinne“, indem wir uns einen sozialen Gutmensch vorstellen, der durch schlechtes Gewissen und soziale Verpflichtung beeinflusst subjektiv weniger gewinnt:
Beispielhaft, wählen wir: Schuld: 3-4=-1 , soziale Verpflichtung: -1-2=-3

Spiel 1-2
Partner
Sozialer Gutmensch
Gewinn
Alpha
Beta
Alpha
0 / 0
-1 / -3
Beta
-3 / -1
1 / 1

Das daraus ergebende Koordinationsproblem, zeichnet sich dadurch aus, dass man eine Entscheidung nur dann fällen kann, wenn man überhaupt weiß, was man will: Möchte man lieber auf Nummer sicher gehen und entscheidet sich für Option Alpha oder nimmt man die Gefahr des Verlustes auf sich und hofft auf den Gewinn, womit man sich für Option Beta entscheiden würde?

Prop. 3: Man kann nichts gewinnen, wenn man nicht weiß, was man will.
 

1.3 Egomane vs sozialer Gutmensch

Fassen wir diese beiden Spielvariationen einmal zusammen und betrachten somit folgendes Szenario:

Game 1-3
Sozialer Gutmensch
Egomane
Gewinn
Alpha
Beta
Alpha
0 / 0
3, -3
Beta
-1 /-1
1 / 1

Hierbei stellen wir fest, dass die Situation unseres Egomanen nach Prop. 1 und der Dominanz von Alpha unverändert bleibt und er sich somit für Alpha entscheiden sollte.
Dadurch ergibt sich allerdings für den sozialen Gutmensch eine andere Ausgangssituation: Noch wie in 1.2 unschlüssig, ist jetzt die Entscheidung klar: Nachdem sich der Mitspieler wohl für Alpha entscheiden wird, ist es am effektivsten Beta zu wählen.
Somit erhalten wir:

Prop. 4: Versetze dich in die Lage deiner Mitspieler.


1.4 Zweites Spiel – „Nummer erraten“

Der selben Versuchsgruppe wird nach Erlernen dieser Grundsätze P1-P4 nun ein weiteres Spiel gegeben:

„Schreibe ohne deinen Nachbaren zu zeigen was du tust, eine Zahl zwischen ein 1 und 100 auf diesen Zettel. Wir werden den durchschnittlichen Wert aller abgegebenen Zettel ausrechnen. Der Gewinner des Spieles ist diejenige Person, dessen Zahl am nächsten an 2/3 des Durchschnittswertes liegt. Der Gewinn beträgt 5$ abzüglich des Unterschiedes zwischen seiner Zahl und 2/3 des Durchschnittswertes.“

Welche Zahl werden die Probanden auf ihren Zettel schreiben, nachdem sie sich die bisher gelernten Grundprinzipien vergegenwärtigen?


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen